Partnerschafts- und Begegnungsreise der Evangelisch-reformierten Kirche in Bayern nach Togo zur Eglise Evangélique Presbyteriénne du Togo vom 30.03.-11.04.2016
Noch etwas verschlafen, doch gespannt und erwartungsfroh trafen sich am 30. März am Flughafen Nürnberg um 5 Uhr morgens die 8 TeilnehmerInnen der Partnerschaftsreise des XI. Synodalverbandes der Evangelisch-reformierten Kirche zum Besuch der Zentralregion der Evangelischen Presbyterianischen Kirche von Togo, EEPT.
Über Paris und einer turbulenten Zwischenlandung in Niamey (Niger) erreichte die Gruppe am frühen Abend die Hauptstadt Lomé, wo wir vom Hauptbuchhalter der EEPT, Emanuel „Yemavi“ Amega, herzlich empfangen wurden. Der ursprüngliche Plan, die kommenden 3 Nächte im Bloc Synodal, der Zentralverwaltung der EEPT zu übernachten, musste wegen Strom- und Wasserausfalls in letzter Minute geändert werden, so dass die Übernachtungen im Foyer des Marins, der Christlichen Seemannsmission erfolgten. Yemavi überraschte uns dort mit einem schmackhaften Abendessen, welches Mitarbeiter vom Bloc extra für uns zubereitet hatten. Nach der ersten Nacht unterm Moskitonetz in gut klimatisierten Zimmern und einer morgendlichen Schwimmrunde im Pool ging es nach dem Frühstück zum Bloc. Während Thoralf Spiess die weiteren organisatorischen und finanziellen Angelegenheiten regelte, erkundete der Rest der Gruppe das Stadtzentrum und wurde vom pulsierenden bunten afrikanischen Treiben, den Verkaufsständen und fliegenden Händlern des Grand Marché verzaubert und aufgesogen. Wieder im Bloc angekommen, lernten wir Pasteur Freeman Lawson kennen, der uns auf der gesamten Reise begleiten und mit Rat und Tat zur Seite stehen wird. Nach dem Besuch eines Museums zur afrikanischen Kultur mit umfangreichen ethnologischen Sammlungen, einem Abstecher ins Goethe-Institut und angenehmen Badenachmittagen am Meer vergingen die ersten beiden Tage in Lomé wie im Fluge.
Das nächste Ziel war Sokodé, die Hauptstadt der Région Ecclésiastique du Centre, mit der der XI. Synodalverband partnerschaftlich verbunden ist. Dort werden wir in den kommenden 3 Tagen gemeinsam mit 8 togoischen Teilnehmern ein Seminar zu Themen wie Konfliktbewältigung und Gewaltfreiheit „Conflit et Paix“ besuchen, welches Pfarrer Spiess organisiert hat und gemeinsam mit Pasteur Freeman leiten wird.
Nach ca. 350 km eindrucksvoller beschwerlicher Fahrt im tropisch feuchtheißen Klima über teils asphaltierte, teils schlaglochgespickte Buckelpisten, mit Straßenbaustellen und Umleitungen, nach einem Stop vorbei an kleinen geschäftigen Dörfern und atemberaubender abwechslungsreicher Landschaft der Feuchtsavanne, durch welliges Hügelland und über ein Sandsteinplateau erreichten wir Sokodé, wo wir von unseren Partnern schon erwartet und herzlich empfangen wurden. Nach der offiziellen Begrüßung durch Inspecteur David Mensah und Schatzmeister Moise Amouzou, welche im November 2015 Gäste der Bayerischen Synode waren, machten wir uns mit den togoischen Seminarteilnehmern bekannt. Sie kommen aus verschiedenen Orten der Zentralregion und gehen unterschiedlichen Berufen nach: Lehrer, Koch, Landwirt … Nach einem gemeinsamen Abendessen erfolgte auch schon der Einstieg ins Seminar mit dem Film „Der Herr der Fliegen“.
Im Hotel werden wir mit der afrikanischen Realität konfrontiert. Es herrscht Wasserknappheit, und wenn der Druck nicht ausreicht, muß man sich das Wasser zum „Duschen“ mit einer kleinen Schüssel aus einem im Bad aufgestellten Eimer schöpfen. Die umliegenden Häuser haben keinen Wasseranschluss, sodass die Frauen der Umgebung ihr Wasser aus dem Hotelbrunnen holen, welches sie in riesigen Schüsseln anmutig auf dem Kopf balancieren.
In der Betlehem-Gemeinde erlebten wir einen beeindruckenden musikalischen farben- und lebens-frohen Sonntagsgottesdienst wo wir deutsch-togoischen Seminarteilnehmer als Ehrengäste herzlich aufgenommen wurden. Da im Gottesdienst dieser Gemeinde neben Französisch, Ewe und Kabye sowieso auch Englisch gesprochen wird, können auch wir an den Lesungen und an der Predigt teilhaben.
Von Sonntagnachmittag bis Dienstagmittag beschäftigten wir uns in gemischten Gruppen mit Persönlichkeits- und Konfliktanalyse, Prävention und Lösungsansätzen und lernten dabei viel über uns und unsere togoischen Partner, unsere Kultur- und Lebensweisen. Dabei entwickelte sich ein herzliches Miteinander. Als kleinen Dank für die Gastfreundschaft gestalteten wir am Montag ein deutsches Abendessen mit mitgebrachtem Pumpernickel und Wurstkonserven, ergänzt durch Baguette, Tomaten und Zwiebeln frisch vom Markt, welches unseren Partnern offenbar auch sehr gut geschmeckt hat. Im Anschluß an das Seminar verbrachten wir mit unseren togoischen Partnern noch 2 gemeinsame touristische Tage. Der Weg führte uns in die Region Kara, wo wir in Sarakawa, dem ehemaligen Jagdpark des früheren togoischen Präsidenten, u.a. Büffel und Antilopen aus nächster Nähe betrachten konnten. Nach einem gemeinsamen Abendessen in einer Fufu-Bar am Markt und Übernachtung in einer schön gelegenen katholischen Herberge in Kara ging es weiter in den Raum Kandé, wo wir eines der unter UNESCO Weltkulturerbe stehenden Tamberma-Dörfer besuchten. Am Grenzfluß zum Tamberna-Gebiet sahen wir Frauen schwimmend nach Sand tauchen, welcher dann am Straßenrand aufgeschichtet und zum Verkauf getrocknet wird. Im Dorf erläuterte uns ein Führer Kultur und Lebensweise der Tamberna, und nach einer „Opfergabe“ dürfen wir den heiligen Baobab-Baum von innen besichtigen. Dieser Ausflug war auch für unsere togoischen Partner etwas ganz Besonderes.
Nach einem Stopp bei den Codhani-Behindertenwerkstätten, die wunderschöne Stoffe herstellen, geht es zurück nach Sokodé, wo wir mit unseren Seminar- und Reisepartnern noch einen letzten gemeinsamen Abend verbringen, Geschenke austauschen und die gemeinsame Zeit reflektieren.
Welche Überraschung, als sich alle Seminarteilnehmer am nächsten Morgen noch einmal zu unserer Verabschiedung einfinden, um uns einen gesegneten Reiseweg zu wünschen.
Auf einem Abstecher nach Waragni wollten wir nur kurz eine Kirchenbaustelle, die mit den Kollektengelden des Synodalverbandes finanziert wird, besichtigen. Zu unserer Überraschung wurden wir aber vom Dorfältesten und den versammelten Presbytern der Gemeinde erwartet und von den Dorfbewohnern in der auch als Gottesdienstraum genutzten Schule feierlich empfangen. Wir bekamen geflochtene Palmwedelfächer überreicht, bei der Hitze ein sehr willkommenes und praktisches Geschenk. Nach einer Vorstellungsrunde und dem Austausch von Grußworten, welche stets musikalisch untermalt werden, wurde ein von den Frauen vorbereitetes Mittagessen serviert. Dazu gab es frisch gebrautes Hirsebier in Kalebassen. Begleitet von Gesang und vielen guten Wünschen begaben wir uns auf die Weiterreise. Welch ein beglückendes Erlebnis !
Unsere Fahrt führte uns weiter durch schöne Landschaften über teilweise gefährlich anmutende Straßen nach Atakpamé in ein kirchliches Bildungszentrum der EEPT, wo Pfarrer Spiess zwischen 2008 und 2011 tätig war.
Unterwegs besichtigen wir die Überreste der 1911 errichteten transkontinentalen Funkstation Kamina mit 5.500 km Reichweite, welche die Kommunikation zwischen Berlin und den Überseegebieten in Afrika ermöglichte und zu Beginn des 1. Weltkrieges 1914 während der Kampfhandlungen von den deutschen Erbauern gesprengt wurde. Aber selbst die Reste sind immer noch beeindruckend. Eine Gedenktafel, die auf Initiative der deutschen Botschaft von Thoralf Spiess errichtet worden war, gibt Kunde vom Geschehen. Das daneben befindliche Soldatengrab wurde ebenfalss von Thoralf Spiess während seiner Zeit restauriert.
Nachdem wir unsere Zimmer im kirchlichen Bildungszentrum Atakpamé bezogen und zu Abend gegessen hatten, ließ sich die Haustür zu einem der Gästehäuser trotz gemeinsamer Anstrengungen und auch unter Hinzuziehung des Hausmeisters nicht mehr öffnen. Ein Anruf genügte, und ein Tischler aus dem Ort kam nach erstaunlich kurzer Zeit mitten in der afrikanischen Finsternis mit seinem Motorrad auf den Hügel geknattert und konnte den Zugang zum Haus völlig unkompliziert wieder herstellen. Nach Übernachtung und gemeinsamem Gottesdienstbesuch „auf dem Hügel“, wo Thoralf und Freeman freudig von ehemaligen Mitstreitern begrüßt wurden, besuchten wir die Stadt und kauften u. a. einige Flaschen der „besten Erdnüsse von Togo“.
Ein weiterer Höhepunkt war der Besuch des von der Norddeutschen Mission unterstützten Hôpital Bethesda, das uns durch die Lektüre des Buches „Fufu ist keine Götterspeise“ von Dieter Jakobi schon bekannt war. Der Theologische Klinikleiter hatte uns schon am Vormittag erwartet, aber das war auf Grund der Straßenverhältnisse unmöglich, obwohl die gewählte Verbindung von togoischen Insidern als gut befahrbar empfohlen wurde… Nach einem informativen Einführungsgespräch und der offenen und ausführlichen Beantwortung unserer vielen Fragen führte er uns durch das Hospital, welches einen sehr guten Ruf genießt und selbst von Patienten aus Lomé aufgesucht wird. Aber auch hier konnten wir feststellen, dass es noch viel zu tun gibt…
Auf der Weiterfahrt nach Kpalimé kamen wir in eine Straßensperre. Armeeangehörige kontrollierten die Fahrzeuge auf Verbindungen zu Boko Haram – hier ist man sehr wachsam, das gab uns ein gutes Gefühl.
Nach der Übernachtung in einem Kirchlichen Begegnungszentrum der EEPT in Kpalimé ging es am nächsten Morgen über abenteuerliches Gelände durch wunderschöne Berglandschaften in ein wahres Naturparadies, zum Wasserfall Akatamanso. Nach steilen Abstieg durch dschungelartigen Urwald mit exotischen Pflanzen wurden wir durch ein erfrischendes Bad im Wasserfall entschädigt.
Auf der Weiterfahrt kurz vor Lomé wurde noch einmal bei den Stoffhändlerinnen tüchtig eingekauft, wobei sich Freeman wieder als exzellente Hilfe erwies.
Übernachtung wieder in der Seemannsmission in Lome, wir genießen den Pool. Yemavi kommt mit seiner Tochter zum Abendessen. Den Sonntagsgottesdienst wollen wir in der Gemeinde von Yemavi feiern, wo auch Freeman als Pfarrer beschäftigt ist. Yemavi holt uns zum Gottesdienst ab. Und obwohl uns der Kleinbus hunderte Kilometer durch Togo über unwegsamste Pisten sicher befördert hat, springt er diesmal nicht an… nicht auszudenken, wenn das unterwegs passiert wäre! Mit vereinten Kräften kann der Motor gestartet werden, und es erwartet uns ein sehr sehr bewegender afrikanischer Gottesdienst mit gemeinsamem Abendmahl. Wir sind Ehrengäste und werden stürmisch von der Gemeinde begrüßt. Während des Gottesdienstes werden uns die Seminarteilnahmezertifikate unter reger Anteilnahme der Gemeinde feierlich von ausgewählten Mitgliedern des Presbyteriums überreicht. Im Anschluß wird noch ein Imbiss gereicht. Gemeinsam mit Yemavi und seiner Familie fahren wir zum Strand, wo wir noch ein letztes Mal in die Wellen tauchen, ehe es zum Flughafen geht und wir uns von Freeman und Yemavi verabschieden müssen.
Nach 18-Stündiger Reise über Paris und Amsterdam treffen wir wohlbehalten in Nürnberg ein.
Wir hatten viele eindrucksvolle Begegnungen in Togo, einem Land mit großartiger Natur und wechselvoller Geschichte. Wir sind dankbar, dass uns diese Reise ermöglicht wurde und wir die wunderbaren Menschen, die trotz schwierigster Verhältnisse Freude und Zuversicht ausstrahlen, näher kennenlernen durften
Wir hatten den Eindruck, dass sich das Land in einer Aufbruchsstimmung befindet, dabei möchten wir unsere neuen Freunde und Brüder im Glauben gern weiter unterstützen.
Togo hat für uns ein Gesicht bekommen!
Planung, Organisation und Durchführung (mit allen Konsequenzen), Reise- und Seminarleitung lag in den bewährten Händen des Chemnitzer Pfarrers Thoralf Spiess, der auch den Vorsitz im Partnerschaftsausschuss des Synodalverbandes innehat. Kathleen Schneider-Murandu aus Berlin, ein ehemaliges Chemnitzer Gemeindeglied, welches heute für Brot-für-die-Welt arbeitet, agierte als Co-Reiseleiterin und unermüdliche Dolmetscherin. Aus den Gemeinden kamen Tina Lohbrunner, Axel Mehmel und Renate Riess (Bad Grönenbach), Hans Düning (Bayreuth), Heidrun Kube (Chemnitz) und Susanne Kerckhoff (Nürnberg).
Unser herzliches Dankeschön geht an den XI. Synodalverband, der diese Begegnungsreise ermöglichte und großzügig unterstützte, und an Thoralf Spiess für seinen unermüdlichen Einsatz.
Heidrun Kube