Viele Jahre lang hat die Kinderärztin Dr. Wera Kinzer unsere Gemeinde begleitet und auch geleitet. Geboren 1929, erlebte sie als Kind die Ausgrenzung jüdischer Mitschüler und später die Bombardierung Leipzigs. Nach Medizinstudien in Leipzig und Jena kam sie mit ihrem Doktorvater nach Karl-Marx-Stadt, wo sie als Oberärztin in der Kinderklinik Dresdner Strasse tätig war. Wegen einer schweren Erkrankung wurde sie selbst in den achtziger Jahren invalidisiert.
Seit dieser Zeit wendete sie sich mit grossem Engagement der Gemeinde zu. Als Mitglied des Presbyteriums, dessen Vorsitz sie bis 2003 innehatte, leitete sie so wichtige Projekte wie die Gemeinde-Neugründung und den Bau unseres Gemeindehauses.
Die Gestaltung unseres Gemeindesiegels geht auf eine Idee von ihr zurück. Und ja: Sie putzte auch und packte im Gemeindehausgarten mit an. Mit 74 Jahren beendete sie ihr Presbyteramt, half aber weiter, wo sie konnte, weshalb die Gemeinde ihr einen „goldenen Generalschlüssel“ verlieh. Einige Jahre lang organisierte sie in unserer Gemeinde noch monatlich ein Gedächtnistraining.
Dr. Wera Kinzer bei Archivarbeiten 2014
Vor zweieinhalb Jahren musste sie leider in ein Pflegeheim ziehen und konnte dann nur noch gelegentlich am Gemeindeleben teilhaben. Höhepunkte waren 2019 noch die Feier zu ihrem 90. Geburtstag, die von unserer Gemeinde ausgerichtet wurde, und der Gottesdienst zu ihrem 75. Konfirmationsjubiläum.
Wera Kinzer war eine pragmatische, kluge, weltoffene, grosszügige und warmherzige Frau, die sich stets auf die Seite der Schwächeren und Hilfsbedürftigen gestellt hat. Sie hatte einen gewissen und belastbaren Glauben, der mir ein Vorbild geworden ist.
Am 4. Februar, kurz vor ihrem 92. Geburtstag, ist Wera Kinzer für immer eingeschlafen. Möge Gott seine Verheissungen an ihr wahr werden lassen und sie trösten. Wir aber dürfen Gott danken, dass uns dieser grossartige Mensch für so lange Zeit geschenkt worden war. Pfarrer Thoralf Spiess
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